Länger eigenständig
Smart-Home-Systeme und intelligente Produkte können die Lebensqualität kranker, gehandicapter oder älterer Menschen deutlich verbessern und sie dabei unterstützen, möglichst lange in den eigenen vier Wänden zu wohnen.
Aufmacherbild: Loxone
Es sind die alltäglichen Aufgaben, die im Alter oder bei Krankheit plötzlich unfassbar schwer werden: Sich bücken, um das schwer erreichbaren Heizkörper-Thermostat aufzudrehen. Rechtzeitig die Tür öffnen, wenn der Postbote klingelt. Den Lichtschalter vom Rollstuhl aus erreichen. Und vor allem: Wenn man fällt und nicht mehr alleine aufkommt, wie fordert man Hilfe an? Ob komplette Smart-Home-Systeme oder einzelne Produkte: Smarte Lösungen können eine wertvolle Hilfe für Senioren oder Kranke sein. Die meisten der vorgestellten Funktionen sind im Smart Building-Kontext gut bekannt, ermöglichen aber besondere Mehrwerte für Senioren und Kranke. Sind sie speziell auf Senioren und Gehandicapte ausgerichtet, spricht man von Altersgerechten Assistenzsysteme (AAL – Ambient Assisted Living).
Hilfe anfordern
Es ist keine Seltenheit: Senioren, die stundenlang in der Wohnung liegen, weil sie nach einem Sturz nicht alleine aufkommen. Intelligente Systeme erkennen Notfallsituationen. Es gibt Systeme, die regelmäßig nachfragen, ob alles in Ordnung ist. Manche erkennen, wenn es Abweichungen zum übliche Tagesrhythmus gibt und fragen nach. Wer auf Rollator oder Rollstuhl angewiesen ist, für den empfiehlt sich ein Sprachassistenz, über den er per Stimme Hilfe anfordern kann. Smarte Systene können daneben Luftqualität hinsichtlich Temperatur, Feuchtigkeit und CO2 beobachtet und ggf. entgegensteuern. Für umfassende Sicherheit sollte außerdem ein Kohlenstoffmonoxidmelder, auch CO-Melder genannt, installiert werden. Das giftige Kohlenstoffmonoxid ist besonders tückisch, da es farb-, geruch- und geschmacklos ist. Auch sonst kann ein Sprachassistent eine wertvolle Hilfe sein. Er kann die Senioren daran erinnern, Tabletten täglich zur festgelegten Zeit zu nehmen. Über ihn lassen sich Lichter anschalten, Rollläden öffnen oder im Notfall Hilfe anfordern. Falls Oma und Opa einen starken Dialekt sprechen, sollten die wichtigsten Sprachbefehle vorab geübt werden und überprüft werden, was der Sprachassistent versteht.
Ohne Bücken:
Dank smarter Thermostate lassen sich schwer zugängliche Heizkörper bequem vom Sessel aus steuern. Bosch Smart Home
App oder Taster
Allgemein gilt: Vorab sollte geklärt werden, wie der Bewohner die Technik bedienen kann und will. Soll es der Sprachassistent sein? Kann der Bewohner eine App mit dem Smartphone oder Tablet nutzen oder kommt besser ein batteriebetriebener mobiler Taster zum Einsatz? Macht ein Taster neben dem Bett Sinn, um das Licht im Haus aus- und die Alarmanlage anzuschalten? Auf Wunsch kann auch einfach eine Taste bedient werden, die den Angehörigen eine vorinstallierte Nachricht schickt: „Mir geht es gut, gehe jetzt ins Bett.“
Angelassener Herd
Eine große Sorge, vor allem bei beginnender Demenz ist, dass die Bewohner vergessen, den Herd auszuschalten. Es gibt Lösungen, die erkennen, dass Herdplatte oder Bügeleisen unabsichtig angelassen wurden und diese ausschalten. Wird beispielsweise eine angeschaltete Herdplatte vergessen, kann der Herd über eine entsprechende Smart Home-Funktion so eingestellt werden, dass er sich ab einer gewissen Temperatur oder beim Verlassen des Hauses – über Bewegungsmelder oder die Zutrittskontrolle – automatisch abschaltet. Diese Lösungen sind auch nachrüstbar. Praktisch ist auch ein Universalschalter. Mit ihm lassen sich die wichtigsten Funktionen des Smart-Homes ohne Smartphone steuern. So kann man einen Schalter neben der Haustür installieren und mit „alles aus“ programmieren. So wird sichergestellt, dass alle elektrischen Geräte ausgeschalten werden, sobald die Bewohner das Haus verlassen. Wenn es dennoch zum Brand kommt: Smarte Rauchwarnmelder können in ein Smart-Home-System integriert werden. Erkennt das Gerät Rauch, kann es zum Beispiel automatisch Hilfe anfordern, den Angehörigen einen Push-Benachrichtigung senden und/oder den Alarm im Haus aktivieren.
Digital „Vorbeischauen“: Wenn die Eltern oder Großeltern einverstanden sind, kann es hilfreich sein, eine Innenkamera zu installieren. So wissen die Kinder immer, ob alles in Ordnung ist. Bosch Smart Home
Involvierte Angehörige
Viele Senioren haben den Wunsch, möglichst lange selbstständig zu bleiben und in den eigenen vier Wänden zu wohnen. Doch was, wenn die Fähigkeit abnimmt, für sich selbst zu sorgen? Dann sind häufig die Angehörigen gefordert. Nicht immer wohnen Angehörige in der direkten Nachbarschaft. Wer nach dem Rechten sehen will, kann einen Innenkamera aufstellen – natürlich mit Zustimmung des Bewohners. So können die Angehörigen von außerhalb auf der App sehen, ob alles in Ordnung ist. Manche Kameras verfügen über Lautsprecher und Mikrofon (?). So lässt sich direkt kommunizieren. Haben die Angehörigen Zugriff auf das Smart-Home-Systems können sie sich beispielsweise am Morgen per App vergewissern, dass die Großeltern mit ihrem normalen Tagesablauf begonnen haben, da etwa die Lichter angegangen sind. Wer die Haustür mit einem Türsensor ausstattet, kann etwa einstellen, dass es eine Push-Benachrichtigung geben soll, wenn der leicht verwirrte Großvater zu ungewohnt nächtlicher Zeit das Haus verlässt oder die Fenster am Abend noch auf sind.
Ideen für die Haustüre
Klingelt der Postbote an der Haustür, ist der Weg bist zur Haustür lang. Bis man die Haustür erreicht hat, ist er meist schon weg. Hier hilft ein smartes Schließsystem. Sollte sich der Pflegebedürftige aus dem eigenen Haus oder Wohnung ausgesperrt haben, können Angehörige aus der Ferne die Türe jederzeit aufschließen. Zusätzlich können auch Zugangscodes für Nachbarn, Rettungsdienste, etc. hinterlegt werden. Sehen Sie dazu auch unsere Marktübersicht der Smarten Schließsysteme ab Seite 40. Wer nicht mehr gut hört und deshalb schon oft nicht mitbekommen hat, dass Besuch vor der Tür steht: Für Schwerhörige oder Gehörlosen kann die Haustürklingel in ein optische oder Vibrations-Signale umgewandelt werden. Eine farbig-blinkende Lampe kann alternativ auch eingesetzt werden, um die Bewohner daran zu erinnern, Medikamente einzunehmen. Auch ein Rauchwarnmelder kann zum Beispiel per Funk mit einem visuellen Alarmsystem verbunden werden, das sehr intensive Lichtblitze abgibt, die die Netzhaut auch bei geschlossenen Augen leicht wahrnimmt.
Passt auf
Die Steckdose „Smart Socket Air“ überwacht den Raum und erkennt über Sensoren, wenn beispielsweise ein Bügeleisen zu lange läuft. Das klappt beispielsweise in Kombination mit einem Bewegungsmelder. Loxone
Fazit
Moderne Hausautomation bieten eine nahezu unendliche Fülle an Lösungen. Je genauer man die Probleme, die die Bewohner haben oder haben werden, definieren kann, desto maßgeschneiderte Lösungen wird man finden und desto individueller können sie an die Umstände und die Einschränkungen angepasst werden. Auch, da man in Smart-Home-Systeme Was-das-dann-das-Situationen (IFTTT) einrichten kann. Auch wenn die Technik besonders für Senioren im ersten Moment gewöhnungsbedürftig sein kann, werden sie sich schnell daran gewöhnen, da sie meist leicht und intuitiv bedienbar ist. Übrigens: Altersgerechte Assistenzsysteme (AAL) mit ihrem Mehrwert in den Bereichen Sicherheit, Orientierung und Kommunikation können von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) gefördert werden.
Geschrieben von Monika Läufle am 03.04.2021
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