Smart Home mit Funk oder Kabel?

    Soll es die Funklösung sein oder die klassische Verkabelung? Wer smarte Technik nachrüsten will, hat die Qual der Wahl. Wir geben Entscheidungshilfe und erklären, mit welchen Vor- und Nachteilen zu rechnen ist.

    Aufmacherbild: Hager

    Bei der Renovierung sein Heim in ein smartes Zuhause verwandeln… Das hört sich verführerisch an: Denn dann kommunizieren von der Jalousie über die Beleuchtung bis hin zum Fernseher alle Geräte und stimmen sich untereinander ab, sodass Sie so gut wie keinen Aufwand mehr haben. Statt jedes Gerät einzeln an – und auszuschalten zu müssen, wissen die Geräte dank Sensoren oder Zeitplänen selbst, was sie zu tun haben. Oder Sie bedienen die Haustechnik ganz bequem auf dem Sofa per Klick auf Ihrem Smartphone – oder noch einfacher: per Sprache. Zudem sparen Sie Energie und Geld, da die Geräte nur dann laufen, wenn sie sollen. Sie vergessen häufig, Geräte auszuschalten? Auch das gehört dank intelligenter Technik der Vergangenheit an. Wie smart darf es also werden? Reicht es Ihnen, das Licht im Wohnzimmer per Smartphone zu dimmen? Oder darf es noch intelligenter sein? Zum Beispiel: Der Sensor an der Hauswand registriert einen bestimmten Sonnenstand und gibt an den Rolllademotor das Signal, den Sonnenschutz herabzufahren. Oder: Einmal den einen Schalter an der Wohnungstür betätigt, fährt das gesamte Gebäude in einen Abwesenheitsmodus. Die Fenster schließen sich, alle Lichter gehen aus und die Alarmanlage schaltet sich scharf. Möglichkeiten gibt es viele. Wer sein Zuhause in ein Smart Home verwandeln will, muss sich zunächst eine Frage stellen: Mache ich mein Heim mit Funk oder Kabel nachträglich intelligent?

    Bosch Smart Home_Lichtsteureung

    Es werde Licht
    Mit einer Unterputz-Lichtsteuerung kann die bestehende Beleuchtung per Funk in das Smart-Home-System integriert werden. So lässt sie sich mit Bewegungssensoren koppeln, mit Zeitplänen automatisieren oder bequem per Sprachbefehl oder App steuern. Bosch Smart Home


    Flexibel mit Funk

    Schlitze klopfen, Leitungen verlegen, Schmutz und Lärm? Wer darauf keine Lust hat, fährt mit der kabellosen Funktechnik besser. Diese kann einfach und sauber installiert werden. Die Eingriffe in die Bausubstanz sind gering. Ebenso sind Gips-, Tapezier- oder Streicharbeiten in der Regel nicht erforderlich. Selbst bei Tastern, die mit Funk funktionieren, brauchen Sie nicht zu bohren. Die Komponenten werden, wie Tür-/Fensterkontakte, einfach an die Wand oder den Fensterrahmen geklebt. Ein weiterer Vorteil von Funk-Produkten: Sie lassen sich jederzeit nachrüsten. Wenn Sie Monate nach dem Umbau merken, dass Sie ein wichtiges Gadget vergessen haben: Kein Problem. Rüsten Sie flexibel nach und passen Sie es an sich ändernde Begebenheiten an. Funkgeräte sind besonders für Smart-Home-Neulinge ideal. Sie können ohne großes Risiko ausprobieren, ob das Heim wirklich komfortabler, sicherer und wirtschaftlicher wird. Mit einzelnen Smart-Home-Komponenten, wie einem Tür-/Fensterkontakt, können Sie sich an das Thema herantasten und schrittweise weitere Anwendungen hinzufügen – bis zur Komplettvernetzung der eigenen vier Wände. Sind die Anforderungen sehr hoch, stößt die Funktechnik an ihre Grenzen. Wer besonders viele Geräte einbinden will, oder komplexe Routinen erstellen möchte, ist mit einer KNX-Verkabelung besser bedient.

    Jung Smart Control

    Touch me
    Mit dem funkbasierten „eNet Smart Home“ lässt sich ein intelligentes Heim kabellos und ohne Stemmarbeiten realisieren. Die Bedienung ist vielfältig: Klassisch manuell per Tastsensoren, intuitiv per Touchdisplay oder via Sprachbefehl. Jung


    Mehr Leistung mit KNX

    Kabelgebundene Lösungen ist nicht nur leistungsfähiger, sondern auch sicherer. Udo Nikolaus, Marktmanager in der Gebäudeautomation bei der Hager Vertriebsgesellschaft, betont: „Leitungsgebundene Systeme sind weniger störanfällig, sie bieten mehr Schutz gegen unberechtigte Zugriffe und sie sind langlebiger.“ Als Standard dient bei der kabelgebundenen Lösung das KNX-System. Das hat sich als weltweiter Standard in der Hausautomation bewährt. Das grüne Kabel wird wie eine herkömmliche Stromleitung verlegt. Danach können die KNX-fähigen Geräte der Haustechnik miteinander vernetzt werden. Aber: Kabelgebundene Systeme können in Altbauten nur mit viel Renovierungsaufwand realisiert werden. Wer jedoch eine Kernsanierung plant und ohnehin die Elektrik erneuern will, für den bietet sich eine kabelgebundene Lösung an. Ein weiterer Nachteil eines kabelgebundenen Systems: Es ist bei einem Umzug nicht portabel. Wer also plant, in ein paar Jahren umzuziehen, der setzt auf Funk und kann die Geräte so einfach ins neue Heim mitnehmen.

    Loxone

    Platz fürs Wesentliche
    Wer kernsaniert, der kann die smarte Technik und die Haustechnik versteckt in seinen Wänden und Decken einbauen. Egal ob Bewegungsmelder, Lampen oder Lautsprecher: Nichts steht im Weg und stört. Loxone

    Kosten

    Renovierinnen und Renovierer müssen bei einer kabelgebundenen Lösung mit Kosten im fünfstelligen Bereich rechnen. Eine Funklösung ist in der Regel immer günstiger, weil zunächst schlicht auf Kabelmaterial verzichtet werden kann. Alles andere bemisst sich – wie so oft – an dem, was Sie mit Ihrem Smart Home machen möchten. Teurer ist eine KNX-Lösung meist auch, weil es Handwerker braucht. Während Renoviererinnen die meisten Funklösungen selbst einbauen können, braucht es Fachleute, um das Kabelnetz verlegen.


    Entweder-oder?

    Das Schöne: Sie können Funk und Kabel miteinander kombinieren und Geräte auch im Nachhinein an ein smartes System anbinden. Wichtig zu wissen: Es ist unwahrscheinlich, dass Sie bei einer Firma alle Produkte finden, die Sie brauchen. Das wissen auch die Hersteller und arbeiten daran, dass Fremdprodukte mit ihren Geräten kommunizieren können. Damit das funktioniert, übersetzt die zentrale Steuerungseinheit, das Gateway, die Befehle in eine für alle verständliche „Sprache“. Damit der Lautsprecher von Sonos oder die smarten Lampen von Philips Hue die Befehle der Smart-Home-Zentrale versteht, ist Konnektivität und Kompatibilität wichtig. Das ist die Fähigkeit, sich mit anderen Systemen oder Komponenten zu verbinden. Dazu müssen Sie wissen, mit welchem (Funk)-Standard die Geräte arbeiten. Oft listen die Hersteller recht übersichtlich auf, mit welchen Funkstandards sie funktionieren. Häufig haben sie bereits in ihren Apps einen Bereich, in dem sie die Marken und Produkte nennen, mit denen sie kompatibel sind. Wichtig vor dem Kauf ist deshalb zu prüfen, ob alles zusammenpasst. Überlegen Sie, ob Ihnen wichtig ist, alles über eine einzige App zu steuern. Wenn Sie auf diese Tipps achten, können Sie (fast) beliebig viele Geräte anbinden. Unser Fazit: Wer wenig Aufwand möchte, ist mit einer funkbasierten Lösung bestens bedient. Wer höhere Anforderungen hat und maximale Sicherheit wünscht, zieht eine leitungsgebundene Lösung in Erwägung.

    Die wichtigsten Funkstandards


    KNX, Zigbee, häää? Smarte Geräte sprechen ­unterschiedliche Sprachen. Die wichtigsten sind:


    • Bluetooth ist ein Funkstandard zur Datenübertragung zwischen zwei Geräten (Punkt-zu-Punkt-Verbindung) über eine kurze Distanz. Fürs Smart-Home eher ungeeignet, dennoch bietet er einige Vorteile: Nahezu jedes Gerät ist bluetooth­fähig, die Technologie ist stromsparend und verfügt über eine ausreichende Bandbreite. Achten Sie jedoch auf die Aktualität der verwendeten Bluetooth-Version.


    • EnOcean ist ein herstellerübergreifender, internationaler Funkstandard. Die Sensoren und Schalter des Standards beziehen die benötigte Energie aus der Umgebung („energy harvesting“), brauchen deshalb in der Regel keine Batterien und haben einen niedrigen Energieverbrauch.


    • KNX bezeichnet einen Standard, der Daten via Leitungen überträgt. Wegen der nötigen Verkabelung wird KNX ausschließlich in Neubauten oder bei Altbausanierungen eingesetzt und ist deshalb deutlich teurer als ein Funksystem. KNX-fähige Geräte können dafür herstellerunabhängig über den Standard miteinander kommunizieren.

    • Z-Wave ist ein drahtloser Funkstandard, der als Mesh-Netzwerk agiert und über die Funkfrequenzen zwischen 850 und 950 kommuniziert. Sowohl batteriebetriebene, als auch kabelgebundene Geräte lassen sich damit steuern. Z-Wave komapatible Marken sind beispielsweise Abus, Bosch, LG, Somfy, Yale.

    • Zigbee ist ebenfalls ein drahtloser Funkstandard, der als Mesh-Netzwerk agiert. Der Standard gilt als stromsparend und arbeitet mit kleinen Datenpaketen. Das Funksignal
    wird in den Frequenzbereichen mit 868 und 915 MHz sowie 2,4 GHz übertragen

    Zudem entwickeln manche Hersteller ihren eigenen ­Funkstandard.

    Geschrieben von Monika Läufle am 08.02.2022

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